Geld oder Leben
23.05.2016 - , BM
Werden Wirbeltiere von Menschen getötet, so sind gemäß §4 TierSchG besondere Bedingungen einzuhalten, die bei anderen Tieren, die keine Wirbeltiere sind, nicht gefordert werden. Außerdem definiert dieser §4, dass es Schädlinge und also auch Nützlinge gibt.
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat diese Praxis aktuell bestätigt indem es klar gestellt hat, dass ein wirtschaftliches Interesse ein vernünftiger Grund sei um Tiere zu töten - im vorliegenden Fall männliche Küken. In dem Moment also, in dem es gesellschaftlicher Konsens ist, indem es als nicht sittenwidrig eingestuft wird, dass jemand das Töten eines Tieres bezahlt, liegt ein wirtschaftliches Interesse und damit ein vernünftiger Grund für dessen Tötung vor - dafür können die Richter nichts, denn sie machen die Gesetze nicht.
Eine Gesellschaft die ein Tierschutzgesetz braucht, hat indessen bereits ein grundsätzliches Problem im Umgang mit anderem Leben. Um dieser Problematik auszuweichen, soll zum Beispiel zukünftig bei der Geflügelzucht versucht werden mit pränataler Diagnostik befruchtete, männliche Eier aus zu sortieren.
Ein anderer moralischer Versuch ist es mit einem höheren Eierpreis von zum Beispiel vier Zent pro Ei auf das Töten von männlichen Küken zu verzichten.
Entweder weicht man dem Problem ein Leben in Geld zu bewerten, es in Schädlinge und Nützlinge einzuteilen aus, indem man es vor der Geburt nicht als schutzwürdiges Leben definiert oder man glättet seine Moral indem man einem Gesetz genügt das legitimiert wofür ein wirtschaftliches Interesse vorliegt, wofür bezahlt wird.
Warum wir ein Tierschutzgesetz brauchen, warum Eier, ungeborenes Leben oder wirbellose Tiere, große und kleine, anders behandelt werden sollen als Wirbeltiere, einer anderen Moral unterliegen, scheint nur mit einem vernünftigen Grund erklärbar:
Monetärökonomie, pekuniäre wirtschaftliche Gründe, stehen in unserer Gesellschaft grundsätzlich über allem, auch über dem Leben. Geld ist nicht mehr nur eine Bewertungseinheit für handelbare Güter, sondern ein Fetisch bei dem ein kultureller Wertschöpfungsprozess von Ware über Geld in eine Ware nebensächlich wird – der Prozess wird verkehrt: Geld – Ware – Geld. Künstliche Gesetze, die auf diesem Irrweg basieren, legitimieren endlich was einen solchen, lebensfeindlichen Prozess stützt. Leben wird dabei zu einem Medium, das man lebend oder getötet in Geld verwandeln kann.
Da wir, die Menschen, auch zum Leben zählen, so schaden wir uns mit einer solchen Ethik die in Schädlinge und Nützlinge unterscheidet selbst, denn es ist nicht originärer, lebensdienlicher Zweck eines Lebenden aus Geld noch mehr zu Geld machen.
Bei einem natürlichen, lebensbejahenden Prozess ist Leben durch Leben, Leben für Leben und vom Leben. Indem wir uns aus diesem natürlichen Prozess ausklammern, unterwerfen wir uns dem künstlichen Prozess selbst, bei dem wir uns für eine beliebige Kunst verbrennen.
Ein Mensch, der sich in erster Linie für das Leben entschieden hat, der sollte darum nicht mehr alles tun was legal ist, denn das kann recht sonderbar sein.
Ein Jäger, dessen oberste Maxime es sein sollte im Sinne des Lebens zu handeln, muss darum auf manches verzichten was man von ihm erwartet, verlangt oder was er dürfte, denn man kann eine Verantwortung für ein Töten nicht abgeben, nicht verkaufen.
Da eine originäre Jagd in unseren Breiten Geld kostet, also den Jäger schon lange nicht mehr ernährt, so sollte es einem Jäger leicht fallen sich im Sinne des Lebens zu verhalten. Eine Moral des Geldes wird sich also am einfachsten bei den originären Jägern ablesen lassen, denn sie bezahlen dafür, dass sie eine kulturelle Dienstleistung erbringen dürfen, dass sie von ihrem Sozialverband zur originären Jagd legitimiert werden.
So kann am Verhalten der Jäger und ihrem Ansehen innerhalb einer Gesellschaft eine gesellschaftliche Ethik beobachtet werden. Ein Vorhandensein von originären, menschlichen Jägern und deren Verhalten ist ein gesamtgesellschaftlicher Indikator einer Kultur.