Das Jägerhändi

17.09.2012 - , BM

Das JägerhändiKaum hatte ich die Jägerprüfung bestanden, da meinte meine Frau, dass es endlich an der Zeit wäre, mir einen mobilen Fernsprechapparat (Feldleine) zu kaufen. Die Jagd sei gefährlich und ich könnte irgendwo, von der Sau angenommen, mit gebrochen Läufen im Einstand liegen und verludern. Alle Einrede, ich hätte es bisher auch so ganz gut ohne geschafft, wurde mit irgend welchen tierischen Begründungen außer Kraft gesetzt. Ich gab mich geschlagen und sie freute sich über die Maßen, als ein Packet kam und ich ihr sagte, dass dies nun das Jägerhändi sei. Dass das Packet unverhältnismäßig groß war hatte sie ob ihres Triumphes nicht bemerkt. Dass der Schmetterling sich aber als garstiger Falter entpuppte war sofort nach dem Auspacken klar: Ein Parforcehorn für den Jäger zur Übermittlung von Signalen und zur jagdlichen Unterhaltung - der Fernsprecher des Jägers!

Damit wir die jagdliche Tradition nicht verkümmern lassen, pflegte ich fortan täglich das Gebläse - nicht immer zur Erbauung meiner Familie. Oft aber wurde zunächst geschimpft und nach einer Weile pfiffen meine Kinder die Ohrwürmer mit. Außer dass ich meine Freude daran habe und sich der Rest daran gewöhnt hat, halte ich es für ein vorzügliches Gerät, welches manches besser kann als ein modernes Händi:

Jeder Teilnehmer einer Jagd - sei sie auch noch so weiträumig - ist mit einem Schlag informiert. Und das alles ohne Batterien und ohne Satellit! Ist die Jagdgesellschaft stets informiert und das Treiben gut gelenkt, so ist dies von entscheidender Bedeutung für den Jagderfolg.

Es hat aber auch einen entscheidenden Nachteil: Es benötigt nicht nur einen der das Gebläse bedienen kann, sondern auch einen der den Code verstehen und deuten kann - es nutzt nichts, wenn einer ins Horn bläst und die anderen das Händi ans Ohr halten!

Ich finde es ist gar nicht so schwer, wenn man sich auf die notwendigsten Leitsignale beschränkt - mit drei bis vier Stück kommt man zu Beginn schon recht weit! Es erleichtert die Sache sehr, wenn man den Text dazu kennt, denn die Melodien der deutschen Jagdsignale sind der Betonung der Sprache angepasst. Die letzten Tage habe ich im Internet eine feine Seite dafür gefunden:
http://robert-pfeffer.spacequadrat.de/jagd/index.html

Jagdhörner

Trompe de Chasse Parforce Jagdhorn Fürst-Pless-Horn

Jagdverständigung unter Zuhilfenahme von Naturhörnern, Röhren, Muscheln etc. wurde seit Urzeiten betrieben. Benutzt wurde alles was irgendwie Töne von sich gab und man sich über größere Entfernungen verständigen konnte. Es kam nicht darauf an melodiöse, harmonisch konzertante Ergüsse zu erzeugen, sondern mit vereinbarten Signalen möglichst laut zu sein.

Die große Zeit der Hörner, wie sie heute üblich sind, stammt überwiegend aus der Epoche der glorreichen, französischen, höfischen Jagden im 17. und 18. Jahrhundert – der Parforcejagd. Darüber hinaus war die Trompete und das Horn stets ein militärisches Verständigungs- und Signalinstrument, welches in den Wirren einer Schlacht noch Nachrichten übermitteln konnte. Selbstverständlich wurden auch die Jagdhörner nach dem Waidwerk zur Unterhaltung der Gesellschaft eingesetzt, selbst die Naturtonreihe war dazu ausreichend. Kleinere Tonmodulationen kann man durch verändertes Anblasen und oder durch Stopfen erreichen. Ventile sind bei den originalen Jagdhörnern keine vorhanden, sie wurden erst später zu Konzertzwecken entwickelt und hauptsächlich auch nur dort benutzt.

In der Zeit der großen, höfischen Jagden wurde kein Aufwand gescheut, um eine standesgemäße Jagd abzuhalten. So wie man sich heute ein Gartenhäuschen baut – baute sich zum Beispiel Ludwig der XIV. ein paar Jagdschlösser mit dem dazugehörigen Gelände. Um die Schlösser wurden breite Korridore in die Wälder gerodet, geebnet und von einem eigenen Staab von Gärtnern gepflegt, damit man mit den Pferden geziemend hindurchreiten konnte. Die Tiere zur Jagd wurden gefangen und in diesen Anlagen gehalten, damit sie zum Jagdtermin auch anwesend waren. Die Anlagen waren viele tausend Hektar groß und bei solchen Jagdereignissen beherbergten die größeren Jagdschlösser oft mehrere tausend Personen (Z.B.: Château de Chambord in Google Earth eingeben)

Da es sich bei diesen Anlagen also nicht um einen Schrebergarten handelte und die Anlagen sehr weitläufig waren, verständigte und leitete man das Jagdgeschehen mit dem Parforcehorn – le trompe de chasse.

Le trompe de chasse

Es handelt sich um ein Horn mit einer Länge von 4,545 m, es produziert Töne zwischen d-dur und es-dur. Das Innere des Messing-Schalltrichters wurde üblicherweise mit Blut schwarz oxidiert, damit es nicht nach hinten spiegelte und nachfolgende Pferde und Reiter irritierte. Durch die Länge hat es einen großen Tonumfang und klingt sehr angenehm und warm.

Das hier abgebildete Horn ist ein originales, französisches trompe de chasse, es stammt von Denis Courtois dessen Firma 1796 von seinem Vater Auguste in Paris gegründet wurde. Es handelt sich bei diesem Instrument um ein früheres Geschenk eines französischen Grafen an seinen deutschen Vetter, anlässlich einer erfolgreichen Hochwildjagd in den deutschen Jagdrevieren des Verwandten. Das originale Horn ist in einem phantastischen Gesamtzustand und wird nur noch zu besonderen Gelegenheiten geblasen.

 

Das Parforcehorn

Dass ein deutscher Jäger spätestens nach Napoleon schwerlich ein französisches Horn spielen konnte, muss eigentlich nicht weiter erläutert werden. Zum Glück haben sich die ehemaligen Feinde heute ausgesöhnt und können in Freundschaft miteinander leben. Dies mag auch ein Grund sein, weshalb das Parforcehorn heute nicht mehr geächtet ist, sogar in keiner Jagdbläsergruppe mehr fehlen darf und aufgrund seiner warmen Ausstrahlung wieder zu Ehren kommt. Es wird bei uns üblicherweise mit einer Länge von 2,7m in B-dur oder mit einer Länge von 4,10m bis 4,15m in es-dur gespielt.

Der Tonumfang in B-dur ist durch die kleinere Länge natürlich eingeschränkt:

Das abgebildete Horn ist das Alltagshorn unseres Jagdbläsers und wird bereits in zweiter Generation tapfer geblasen, es stammt von einem großen badischen Jäger. Es ist eine Ehre, dass es in seinem Sinne weiter benutzt wird.

 

Fürst-Pless-Horn in B-Dur

Wie der Name schon sagt, hat es seinen Namen nach Fürst von Pless, dem Oberstjägermeister unter Kaiser Wilhelm I. und Wilhelm II.. Pless propagierte seine Verwendung und trug zur Verbreitung bei. Das Horn taucht aber in dieser Form schon im 16. Jahrhundert auf. Es hat nur eine Länge von 1,3 m und damit einen geringen Tonumfang. Es ist aber dadurch sehr handlich und sein Ton sticht wie ein Lützowscher Jäger – laut, hell und hart im Klang, könnte man glauben es erweckt Tote zum Leben – das beliebteste Horn der deutschen Jäger. Um beim Fortissimo möglichst lange einen reinen Ton zu blasen und beim verhaltenen Spiel die Klangfarbe zu verbessern, haben viele dieser Hörner einen Kranz aus Neusilber (Legierung aus Nickel, Kupfer und Zink). Dies verstärkt die Härte dieses Instrumentes weiter – ich kenne nichts vergleichbares, um damit die Familie am Sonntag Morgen zu wecken – Frühstück bekommt man danach sicher keines mehr! Und ist die Stecke bei der Jagd damit verblasen, so ist damit ebenfalls sichergestellt, dass jegliches Leben entwichen ist, sonst hätte sich noch etwas bewegt.

Clewing’sches Taschenjagdhorn in B-Dur

Es handelt sich technisch (Länge, Tonumfang) gesehen um das gleiche Horn wie das Pless-Horn, es ist nur enger gewickelt (mensuriert) und kann daher noch leichter transportiert werden. Natürlich verändert sich dadurch auch der Ton etwas – die größten Einbußen ergeben sich jedoch aus dem verkleinerten Schalltrichter. Da der Platzgewinn nicht nennenswert ist und er die Nachteile kaum wettmacht, ist dieses Horn weniger verbreitet.

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