ASP - die Angst geht um

02.02.2018 - , BM

Die afrikanische Schweinepest ist eine Viruserkrankung welche in erster Linie Schweine betrifft.

Viruserkrankungen sind indessen keine Ereignisse die erst seit aktuellen Tagen auftreten, sie sind Teil der Geschichte des Lebens. Relativ neu hingegen sind Globalisierung, Qualität und Quantität des menschlichen Umganges mit Tieren, mit Leben – Gründe für eine künstlich erleichte Verbreitung von Krankheiten, ein Indikator von kulturellem Verlust.

Ungeachtet von zu erwartenden ASP-Problemen, werden dadurch eher kaum allgemeines Verhalten, noch Mobilität verändert, noch aktuelle Tierhaltungsqualität, noch deren Zahl nennenswert verringert werden. Und also wird die ASP mit einiger Wahrscheinlichkeit auch hierzulande ankommen. Mit Apellen, Abschussprämien, Jagdmotivationen, Aussetzung von Strafverfolgung für bislang verbotene Handlungen will man hierzulande die Zahl der Schweine vermindern. Der Deutsche Bauernverband fordert bundesweit 70 Prozent weniger Wildschweine ohne jedoch die Bestände zu kennen. Ein Minister meint er sei schlauer und fordert 30 bis 40 Prozent mehr Strecke.

Einmal davon abgesehen, dass man grundsätzlich jagdbare Wildbestände nicht kennen kann, ist es bei der Jagd prinzipiell unmöglich Strecken treffend vorherzusagen oder sie zu erzwingen. Fordern kann man indessen alles.

Mit einem Aussetzen und Ändern von Gesetzen ist eine partielle Aussetzung von Waidgerechtigkeit, eine Änderung von Ethik und einer bis dato gültigen Moral zu beobachten. Mit dem so gewonnen Handlungsspielraum sollen dann diejenigen Schweine dezimiert werden welche freilebend sind und die man darum am schwersten und mit dem größten Aufwand aber mit dem billigsten Geld erreichen kann.

In der Vergangenheit sind laut dem Statistischen Bundesamt nicht nur die Wildschweinbestände sondern vor allem auch die deutschen Mastschweinbestände gestiegen, die Anzahl der schweinehaltenden Betriebe nahm ab, die Betriebsgrößen nahmen zu. Das Hochtechnologieland Deutschland betreibt hochsubventionierte Schweinemast und ist am Weltmarkt nennenswerter Mastschweineexporteur, produziert also mit komparativen Kostennachteilen an seiner Kernkompetenz vorbei. Mit diesem Hintergrund ist fraglich, ob wir nicht bereits jetzt, ohne ASP, Wohlfahrtsverluste erzeugen. Wie auch immer, die ASP wird kurzfristig nicht nur eine katastrophale, sondern auch eine regulierende Wirkung haben, die indessen an der betriebenen Schweinerei eher wenig ändern wird.

Nun meine ich, sind wir bei einem zentralen Punkt angelangt, denn wenn bei der ASP einmal mehr von einer Katastrophe gesprochen wird, dann handelt es sich nicht um das eigentliche Problem der Anderen, nämlich vor allem von Schweinen, sondern um ein menschliches Problem: Kleinere und mittelgroße Schweinezuchtbetriebe fürchten um ihre Existenzgrundlage. Ob sich die größeren um einen nennenswerten Gewinneinbruch sorgen müssen oder ob es ihnen vielleicht sogar hilft, weil es nach der ASP noch weniger Kleinbetriebe geben wird, ist nur eine makroökonomische Rechenübung. Politisch jedenfalls, werden kurzfristig finanziell effiziente Entscheidungen getroffen, unser System funktioniert effizient aber nicht effektiv oder um es zu werten: Die Richtung stimmt nicht!

Die ASP wird Gewinner und Verlierer zur Folge haben. Unabhängig sämtlicher Wünsche und Forderungen sollten sich Jäger sinnvoll immer für das Wohl des Wildes entscheiden, denn sie können nur mit dem Wild sein – was nicht gegen Versuche von nennenswerten waidgerechten jagdlichen Eingriffen spricht. Auch weil originäre Jagd hierzulande schon lange keinen Jäger und seinen Sozialverband mehr ernährt, geht es bei der originären Jagd nicht um betriebswirtschaftliche Überlegungen, sondern um Kosten im allgemeinen Sinn, es geht um kulturelle Ethik. Diese steht gerade einmal mehr auf dem Prüfstand, mit dieser steht und fällt die originäre Jagd.

In Baden-Württemberg fordert der Ökologische Jagdverein in einem Positionspapier mehr jagdliche Effizienz indem die Saujagd auf den Kopf gestellt werden soll: Groß vor klein. Beim Landesjagdverband erklärt man sich bereit „mehr als zwei Augen“ zu zudrücken und zielführenden Maßnahmen nicht im Wege stehen zu wollen. Man will also tolerieren von dem man glaubt, dass es hülfe oder der Zweck die Mittel heilige. Der Ökologische Jagdverein fordert Zulässigkeiten von Nachtzieltechnik und der Landesjagdverband verkauft in seiner Verbandszeitschrift schon jetzt Anzeigenfläche für Zweifelhaftes.

Wer seinen bisherigen Standpunkt aufgibt, dessen Standpunkt war falsch oder er vermag ihn aufgrund seiner Schwäche nicht zu halten. Wer ihn eigentlich nicht aufgeben möchte, jedoch seine Augen schließt, der jagt schlecht, der schießt schlecht, dem helfen weder Nachtzieltechnik noch andere Jagderleichterungen. Damit löst er keine Probleme anderer, am wenigsten aber seine eigenen.

Moderne, originäre Jagd muss effektiv, darf jedoch gemessen an theoretisch Machbarem nicht effizient sein, muss also kulturell, mit freiwilligem Verzicht, mit Zurückhaltung, demütig, mit Respekt vor sämtlichem Leben ausgeübt werden. Mit Gewehren können gestörte Gleichgewichte nicht repariert werden. Die ASP ist darum, neben den anstehenden finanziellen Kosten, auch ein Prüfstein unserer aller Ethik. Ich halte es für sinnvoll, dass sich jeder Jäger gelegentlich die Frage stellt warum er die Jägerprüfung gemacht hat, warum er sich zur originären Jagd legitimieren ließ, welche Werte er vor der Jägerprüfung hatte und welche sein Lehrprinz in ihm geweckt hat und warum er diese gegebenenfalls aufgegeben hat.

Vielleicht ist der eine oder andere dabei der einfach herkömmlich jagen wollte, um für sich und seine Mitmenschen optimales Wildpret zu erbeuten, seinem Sozialverband ein Kulturträger und dem Wild, dem Mitleben, ein brauchbarer, lebensdienlicher Mensch sein wollte.

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