Meinungsvielfalt, Erntedank und Adam und Eva

02.12.2018 - , BM

Meinungsvielfalt, Erntedank und Adam und EvaBei Wildabschusszahlen gehen die Meinungen weit auseinander. Je kapitaler das Wild, desto heftiger und unnachgiebiger wird darum gestritten.

Die Menschen in diesem Land müssen nicht mehr durch Wildpret ernährt werden, Naturnähe und Nachhaltigkeit sind ihnen daher anscheinend wichtiger als eine mit Wild gefüllte Gefriertruhe. Die Allgemeinheit fordert darum keine Abschusszahlen und darum sind die Selbstkosten für Jagdbeute höher als der Marktpreis. Nicht nur das Jagd- und Wildtiermanagementgesetz von Baden-Württemberg schreibt also keine Zahlen für Strecken und Wildbestände vor, sondern Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit impliziert immer den Verzicht auf Maximalnutzung.

Weil viele Verzicht für selbstschädigend halten, ihnen ein Gräuel ist, wird nicht selten Nachhaltigkeitsmaximierung durch Gewinnmaximierung proklamiert – wer viel Geld habe, der könne schließlich auch viel davon für Nachhaltigkeit ausgeben. Möglichst viel mit möglichst geringem Aufwand ist indessen ein Widerspruch in sich. Zahlen beruhen darum immer auf menschlichen Wertungen die so sind, dass andere verzichten sollen. Zahlenvorgaben sind immer mehr oder weniger imperativ, unduldsam, widernatürlich.

Zahlen sind in der Natur immer Folge von natürlichen Zulässigkeiten, nebensächlich, denn sie ergeben sich entsprechend den vorhandenen, totalen Gegebenheiten. Natur wertet Leben nicht nach dessen Art, Größe oder dessen Anzahl, sondern bezüglich dessen natürlicher Interaktion mit allem anderen was ist. Das was ist und dessen An-, Um- und Neuordnung ist Natur. Wir haben also auch die Natur, die wir selbst durch unser Handeln mitverursacht haben, hätten aber gerne diejenige Natur, die wir vor unserem Handeln hatten, damit wir sie wieder umwandeln, verbrauchen können. Man kann Natur keine Zahlen vorschreiben und dann behaupten diese seien natürlich. Zahlen ergeben sich in der Natur selbständig, sind immer Folge. Quantität folgt immer Qualität, denn es kann nur das sein was Natur zulässt, was örtliche Eigenschaften erfüllt. So kann zum Beispiel nur auf dem Land leben was dortige, örtliche Eigenschaften aushält - Fische sind also dort nicht möglich, in keiner Zahl. Lebende Wildbestände sind nicht direkt beeinflussbar, sondern nur das was man in die Wildkammer hängt.

Naturnahe Waldwirtschaft und RobA, Rehwildbewirtschaftung ohne behördlichen Abschussplan, sind erste allgemeine Ansätze, Ausnahmen. Zahlen und Schadensersatzforderungen kommen jedoch sofort überall dort auf den Tisch wo Schäden beklagt werden. Zu naturnaher Waldwirtschaft gehört unumgänglich auch naturnahe Jagdwirtschaft und naturnahes sonstiges Verhalten. Nicht selten wird jedoch auch naturnahe Waldwirtschaft und privates Maximierungswirtschaften mit jagdwirtschaftlicher Planwirtschaft angestrebt, also mit unbekannten, lebenden Beständen und Beute die man nicht herbeizwingen kann. Wenn man meint Natürlichkeit erzwingen zu müssen, werden Naturgesetze nicht selten sekundär, meint man Natur korrumpieren zu können obwohl man selber Natur, selber Nachfahre von Adam und Eva ist.

Von Eigenschaftsvorgaben sind wir indessen weit entfernt – um nicht zu sagen Jahrmillionen, denn wenn wir Natürlichkeit anstrebten, dann würden sich auch die Streitereien über Streckenzahlen von selbst erledigen und alle müssten mit dem zufrieden sein was in der Wildkammer hängt. Und darum ginge uns dann eine wesentliche, weit verbreitete, menschliche Eigenschaft abhanden: Unzufriedenheit und Unduldsamkeit mit dem was ist. Sich über Gewinn zu freuen, statt über Verlust zu klagen ist eine individuelle Qualität – es ist der Unterschied zwischen Kain und Abel. Selbst wenn wir alle Nachfahren Kains sind, so steckt unser Uronkel dennoch in uns, wir müssen uns nur an ihn erinnern.

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