Nationalpark Nördlicher Schwarzwald
22.02.2013 - , BM
Kulturlandschaft im Schwarzwald. "Die menschliche Natur die Welt zu gestalten, sollte sinnvoll nicht unterbunden, sondern gewinnbringend genutzt werden"
Vielleicht kann man mit ein paar grundsätzlichen Überlegung noch zu einem Konsens kommen. Es seien daher ein paar Grundgedanken zum Thema erlaubt:
Das Wort Umweltschutz zeigt, dass der moderne Mensch zwischen sich und seiner Umwelt trennt. Er betrachtet sich selbst und die Welt außerhalb seiner Haut. Er nimmt sich damit aus der Umwelt heraus und meint aus dieser Haltung Entscheidungen treffen zu können, die besonders für ihn selbst, im Jetzt und Hier gut sein sollen. Er vergisst dabei die Mitwelt und die Nachwelt. Es handelt sich um einen grundsätzlichen Irrtum, denn nichts ist ohne das Andere und so müsste die korrekte Bezeichnung nicht Umwelt, sondern Mitwelt heißen.
Das Wort Naturschutz zeigt, dass der moderne Mensch der Meinung ist, dass man die Natur vor ihm selbst schützen muss, denn er ist im Begriff seine eigene Lebensgrundlage zu zerstören. Einige scheinen ein Interesse daran zu haben, dass sich die anderen zurücknehmen, damit ihnen selbst mehr Freiheiten bleiben. Das was der andere nicht verbraucht und nicht nutzt, das bleibt dann für sie und ihre Ideologie. Die Ideologen, egal welchem Lager sie nun angehören, versuchen mit Macht und jedem Mittel ihre persönlichen Ziele rigoros durchzusetzen und wollen uns weiß machen, sie täten es für andere.
Das was wir in unseren Breiten vorfinden, ist schon lange keine ursprüngliche Natur mehr, sondern ein Paradies, ein von Menschenhand geschaffener Garten, eine menschliche Nutzpflanzung, ein Kulturerbe. Ja, wir leben im Paradies und wir müssen es um unserer selbst Willen erhalten, unsere Naturgärten pflegen und daher auch als Garten weiter nachhaltig nutzen, das Kulturerbe nicht nur schön finden, sondern es weiter kultivieren.
Ein Nationalpark hingegen, ist ein Naturmuseum. Die Museen lehren uns, dass das was darin verschwindet, keinen Bestand mehr hat, der Vergangenheit angehört und im besten Fall als Studienobjekt zur Betrachtung für die Nachkommen dient. Für diese ist es nicht mehr als ein schönes Bild ohne Bezug zu ihrer Wirklichkeit. Ein Kulturerbe verkommt mit dem Status eines Nationalparks zu einer grünen Disneywelt. Der Mensch darf nicht als Zuschauer in die Natur kommen, sondern als ein Teil von ihr, als ein nachhaltiger Nützer und damit als ihr Schützer.
Naturschutz fängt daher nicht damit an, dass wir die Reste des Paradieses einzäunen oder abstecken, belehrende Tafeln und Regeln errichten und die Touristen schöne Erinnerungsfotos mit nach Hause nehmen. Es ist unter diesen Gesichtspunkten grotesk, dass der Tourismus als ein Argument für einen Nationalpark herhalten muss, wo nicht ein Mehr an touristischer Nutzung, sondern ein Mehr an Selbstbeschränkung gefordert ist.
Naturschutz fängt damit an, dass wir in einer Gesellschaft, die sich der Fortpflanzung verweigert und daher nicht mehr Land zur Bebauung bräuchte, nicht täglich ohne Unterlass reichlich 100 Hektar des Paradieses in der Republik betonieren, pflastern und teeren.
Naturschutz fängt mit Verzicht und Verstand an, nicht mit mehr Tourismus, nicht mit mehr Autobahnen, nicht mit mehr Bauland, nicht mit mehr Museen. Wie sollen wir aber verzichten?
Wir sollten auf mehr Gesetze, auf mehr Regulierung verzichten und wir sollten das was unbebaut ist, sein lassen was es ist und das was noch an restlicher naturnaher Landschaft vorhanden ist, nicht still legen, abschotten, sondern sinnvoll nutzen. Warum brauchen wir mehr Gesetze?
Offensichtlich gibt es ein Versagen von dem was wir mit den Gesetzen bezwecken wollen und dem was diejenigen daraus machen, für die diese Gesetze geschaffen wurden. Gesetze wurden für diejenigen gemacht, die sich nicht im Gemeinsinn verhalten wollen, denn die anderen brauchen sie nicht, weil sie sich unabhängig von Gesetzen schon immer so verhalten haben, wie es das Gesetz endlich fordert. Es kommt zu einer Schieflage, weil immer wieder eine Möglichkeit gefunden wird, die Gesetze nicht so zu leben wie sie eigentlich gedacht waren. Das wiederum fordert Nachbesserungen und neue Gesetze, die dann wieder intelligent umgangen werden und so weiter und am Ende sind wir dann doch dort, wo wir als Gesellschaft nicht sein wollten. Gesetze und Verordnungen sind hinkende Steuerungsmittel des Souveräns.
In einem liberalen System sollte der Eigentümer der Produktionsgrundlagen, auch über diese bestimmen, sich verantworten und deren Rente, bei Land- und Forstwirtschaft die Bodenrente, den Gewinn, auch einfahren können. Diesem Grundsatz folgend, sollte der unbebaute Grund und Boden, die Landschaft, das was unsere Zukunft sichert, in der Hand desjenigen sein, der den Nutzen davon hat. Wald, Landschaft, gehört dann, wenn die Allgemeinheit davon profitieren soll, wenn es unser aller Lebensgrundlage ist, in die Hand der Allgemeinheit. Und darum sollte die Landschaft, von der wir der Meinung sind, dass sie unsere Grundlage bildet, dass sie unsere Zukunft sichert, in öffentlicher Hand verwaltet und gepflegt werden.
Beim geplanten Nationalpark besteht eine gute Chance für den Staat dieses Eigentum zu erwerben. Die Idee und der Wunsch des Nationalparks zeigt, dass viele Menschen unzufrieden mit der Zerstörung ihrer Grundlagen sind und sie wollen etwas getan haben, auch wenn das was derzeit, vor einem Nationalpark auf dieser Fläche praktiziert wird, nichts mit Zerstörung zu tun hat. Vielleicht ist es sogar so, dass gerade der Tourismus, der auch durch den Nationalpark initiiert werden wird, nicht nur innerhalb des zukünftigen Parks, sondern auch außerhalb ein Mehr an Belastung mit sich bringen könnte. Tourismus stört nur im besten aller theoretisch gedachten Fälle den Naturschutzgedanken nicht. Eine gewachsene Kulturlandschaft wurde indessen in keinem Fall durch Tourismus erzeugt, sondern durch originäre, nachhaltige Nutzung.
Wir sollten daher kein Freilichtterrarium, kein Museum errichten, sondern mit grünem Wald, grünen Förstern und grünen Ideen, auch grünes, sauberes Geld verdienen und den Menschen in Baden-Württemberg eine grüne Lunge geben. Es sollte kein abgeschlossenes Projekt eines Nationalparks werden, nach dessen Implementierung unsere Bemühungen enden und wir das Geschehen dem Zufall überlassen, das Werk bestaunen und touristisch nutzen. Es sollte vielmehr ein offenes Projekt werden, das Schule macht und eine sinnvoll genutzte Kulturlandschaft zum Ziel hat. Es sollte ein kleiner Anfang zurück zu dem sein, was es in der Vergangenheit eine sehr lange Zeit war - eine Kultur. Wir, das Land Baden-Württemberg, könnten Wald kaufen und diesen Wald nach sinnvollen Richtlinien bewirtschaften und nutzen. Es spricht überhaupt nichts gegen eine schonende, ursprüngliche, nachhaltige Nutzung der Natur – im Gegenteil: Die Flächen die wir heute schützen wollen, sind das Ergebnis eines kulturellen Prozesses. Die nachhaltige Nutzung, das Erben und das Bewirtschaften, gibt dem Schutzgedanken überhaupt erst seinen eigentlichen Sinn und damit eine hohe Akzeptanz.
Lassen Sie uns, das Land Baden-Württemberg, den Boden der noch zu diesem Projekt fehlt kaufen und durch den Landesforst nachhaltig bewirtschaften. Wenn der Wald, das Land, dem Staat, also uns allen gehört, dann kann er auch nach staatlichen Vorgaben und Vorstellungen ohne weitere Gesetze bewirtschaftet werden. Wir haben dann alle etwas davon, die Tiere, die Pflanzen, die Menschen und das Land Baden-Württemberg. Wenn das Projekt schon einen Namen braucht, dann lassen Sie uns dafür einen neuen Namen finden: Vielleicht nennen wir es „Naturforstpark“? Auf jeden Fall sollten wir ihn auch im eigentlichen Sinn kulturell nutzen, denn der Wirtschaftlichkeitsaspekt sollte sich nicht aus dem Tourismus ergeben. Die Landschaft die wir schützen indem wir sie erhalten, muss den Menschen etwas wert sein, das heißt sie müssen verzichten - sowohl die Touristen auf ein Museum, wie die Tourismusbranche auf zusätzlichen Tourismus.
Vielleicht ist das auch ein Weg, der die gespaltenen Lager vereint, eine politische, eine grüne Lösung zum Vorteil aller. Vielleicht sind wir uns einig und Sie berücksichtigen dies in Ihrer Politik. Unabhängig davon ob Sie mir zustimmen, wünsche ich Ihnen für ihr Tagesgeschäft eine glückliche Hand und gelegentlich auch den Abstand für besinnliche Stunden der Erholung in unserem Paradiese, das wir verwalten, entwickeln und nicht konservieren sollten, denn Stillstand ist der Tod und das Konservieren eine Krankheit.
Bm 3/13