Predigt zum Offenburger Jagdhornbläsertreffen & Jägergottesdienst 2016
02.07.2016 - , BM
Mancher wird sich fragen warum es in der Bibel zwei Schöpfungsberichte gibt. Die Antwort ist einfach: Der erste Bericht ist gewissermaßen eine Weitwinkelaufnahme, ein Weltblick. Der zweite Schöpfungsbericht konzentriert sich hingegen besonders auf den Menschen.
Adam, so heißt der erste Mensch in der Bibel, wird im zweiten Schöpfungsbericht genau betrachtet: Der Name Adam sagt schon sehr viel über diesen Mann aus. Adam ist Hebräisch und bedeutet so viel wie „rot“. Damit ist nicht die politische Gesinnung dieses ersten Menschen gemeint, sondern es wird auf seine Herkunft verwiesen. In der Bibel heißt es: „Gott nahm Erde und formte daraus den ersten Menschen.“ Erde, das ist in diesem Fall Lehm, das ist rote Erde, das ist Ton, wie wir ihn auch in den Blumentöpfen wiederfinden. Dieser Lehm, der Ton, heißt auf Hebräisch „Adamah“. Adam ist also der Mann, der aus roter Erde gemacht wurde.
Gott hat den Menschen aus Lehm geformt? Wie ein Töpfer?
Weder der erste noch der zweite Schöpfungsbericht wollen uns im Detail erklären, wie Gott die Welt gemacht hat. Das würden wir sowieso nicht verstehen! Das Alte und das Neue Testament äußern sich recht deutlich darüber, dass die meisten Aspekte von Gott und seinem Tun für uns Menschen unverständlich bleiben werden – egal wie sehr wir uns auch anstrengen mit unserem kleinen Denkapparat. Darum heißt es in der Bibel: Gott hat Dich aus Lehm gemacht. Und letztlich sagt ja auch die moderne Evolutionstheorie am Ende nicht viel anderes, nur dass Gott dabei nicht erwähnt wird.
Die Sache mit dem Lehm hat aber noch eine ganz andere Bedeutung: Das mit dem Lehm ist nämlich nicht einfach so ohne Grund in den Raum gestellt. Im Laufe der ersten Kapitel des 1.Buch Mose erfahren wir nämlich, dass wir Menschen es mit unserer Herkunft schwer haben. Aus Lehm gemacht zu sein bedeutet, ein Geschöpf das durch die Hand eines anderen geschaffen wurde. Der Mensch will aber mehr. Er will nicht nur Geschöpfter sein, er will sein wie Gott. Es reicht ihm nicht Geschöpf unter Geschöpfen zu sein, er will über andere Geschöpfe herrschen. Der Mensch will alles ohne Ausnahme beherrschen. Adam will Gott sein.
Eigentlich ist es ja kein Verbrechen, nach oben zu streben. Es wird aber dort zum Verbrechen, wo andere unter diesem Streben leiden müssen. Welche Folgen es hat, wenn der Mensch sich nicht mit dem begnügen will, was ihm beschieden wurde wird in 1.Mose 4 deutlich: Kain erschlägt seinen Bruder Abel. Warum? Kain konnte es auf den Tod nicht ab, dass Abel seiner Ansicht nach ein besseres Verhältnis zu Gott hatte als er selbst. Kain wähnte sich zurück gesetzt und das entfachte in seiner Seele ein Höllenfeuer. Obwohl er vor den Folgen seines unbändigen Neides gewarnt worden war, lässt sich Kain von diesen Gefühlen leiten. Hinterhältig führt er seinen Bruder auf den Acker und bringt ihn dort zu Tode. Für diesen ersten Mord der Weltgeschichte bedurfte es übrigens noch nicht einmal einer Waffe. Noch nicht einmal ein Stein wird als Tatwerkzeug erwähnt. Mit bloßen Händen schlug Kain seinen Bruder tot.
Heute benutzten wir auf der Jagd modernes Werkzeug und machen trotz alledem manchmal die unglückliche Erfahrung, dass eine Sau oder ein Reh trotz modernem Jagdgeschoss nicht unmittelbar zu Tode kommen.
Was braucht es da erst für eine ungeheuerliche Energie, wenn man seinen Bruder mit bloßen Händen tötet? Kain hatte diese negative Energie. Der Ursprung allen Übels war, dass er mehr sein wollte als sein Bruder Abel. Das Pikante an der Geschichte ist, dass die Bibel in uns die Nachkommen Kains sieht. In jedem von uns schlummert eine ungeheuerliche Energie und manchmal reicht eine Kleinigkeit, um sie zum Ausbruch zu bringen. Schutz vor solch einem uferlosen Ausbruch der Gefühle kann die Erkenntnis sein: Ich bin nicht Gott, ich bin Geschöpf. Und der, über den ich mich gerade aufrege, ist ein Mitgeschöpf. Er hat die gleichen Rechte wie ich. Wer bin ich, dass ich mich über ihn stelle? Ein beherzigen dieser Gedanken kann entscheidend zum Frieden an den Reviergrenzen unserer Welt beitragen.
Wir sind also keine Götter – auch wenn wir es vielleicht manchmal gerne wären - und sei es nur als Göttergatte. Wir sind Geschöpfe unter einer ganzen Reihe von Mitgeschöpfen die uns umgeben. Der Psalmschreiber staunt in Psalm 8 darüber, wie wunderbar wir als Menschen gemacht wurden. Er erkennt sich selbst als ein Geschöpf, das Gott in seiner Güte mit einem besonderen Bewusstsein ausgestattet hat. Er erkennt auch, dass diese Gabe ein Geschenk ist, welches er mit in die Wiege gelegt bekommen hat. Er weiß sich als Geschöpf und weiß den Schöpfer über sich, dem er sich verantworten muss.
Die Kernaussage des zweiten Schöpfungsberichtes ist also: Lieber Mensch, lieber Jäger, vergesse nie, dass Du nicht Gott bist. Du bist geschöpft und hast dich nicht selbst gemacht - so wie alles andere das dich umgibt auch geschöpft ist. Für Menschen die mit Waffen umgehen und immer mal wieder über Tod und Leben entscheiden, ist es wichtig, diesen Gedanken niemals aus dem Blick zu verlieren.
Das Tier, welches wir erlegen, ist kein Ding, es ist ein Mitgeschöpf. Wir dürfen es erlegen, wir dürfen von ihm leben. Manchmal ist es aus ökologischen Gründen sinnvoll, dass wir auch Bestände regulieren - aber wird dürfen unsere Mitgeschöpfe nicht als Sache behandeln, über die wir nach Gutdünken verfügen können. Ein Tier ist keine Zielscheibe, keine Sache an dem man seine Schießkünste demonstriert. Das ist selbstverständlich – egal ob man nun dem christlichen Weltbild anhängt oder nicht.
Ein Gedanke noch, zu dem uns 1.Mose 2 anregt: Adam, von dem wir jetzt wissen, dass er der Mann aus Erde und eben kein Gott ist, lebt mit seinen Mitgeschöpfen im Garten Eden. Er ist in diesem Garten um ihn zu hegen und zu pflegen, nicht um ihn zu verwüsten. Und auch sein Verhältnis zu den Tieren ist geregelt. Adam soll seinen Mitgeschöpfen Namen geben, denn das was man was man mit Namen kennt, das achtet man. Es ist nicht mehr ein seelenloses Unbekanntes.
Ein schönes Stück Land, Wiese, Wasser und Wald und ein guter Wildbestand. Ein Paradies, was will man mehr. Eigentlich müsste Adam glücklich gewesen sein - doch er war es nicht.
Die Tiere können ihm kein rechtes Gegenüber sein. Er hegt sie, er pflegt sie – aber trotz allen Reichtums können sie die Leere in seinem Herzen nicht füllen. Im Hebräischen Text wird das, was Adam fehlt, wie folgt bezeichnet: „Ezer kenägdo“ – einen Beistand, eine Hilfe, die ihm ebenbürtig ist. Diese Aufgabe können Natur und Tierwelt dann doch nicht erfüllen.
Kenner der Geschichte wissen, dass an dieser Stelle ein Geschöpf Namens Eva ins Spiel kommt. Dass Eva eine Frau ist, ist zunächst einmal nicht ganz so wichtig, vor allem ist Eva ein zweiter Mensch. Erst im Gegenüber zum zweiten Menschen findet das Leben Adams zum Ziel. Nicht nur als Jäger, die mit sich und der Natur viel allein sind, sollten wir diesen Fingerzeig Gottes nicht aus dem Blick verlieren. Um Mensch zu bleiben, sind wir als Menschen aufeinander angewiesen. Darum ist es wichtig, dass wir nicht nur jeder in seinem Revier vor sich hin hocken, sondern ein Miteinander suchen, an Tagen wie diesen.
Und wer das Glück hat, zu Hause eine Frau zu haben, sollte die Beziehung zu ihr mindestens genauso gut pflegen und hegen wie den Wildbestand in seinem Revier. ..."
Anmerkung der Redaktion: Die Predigt ist auszugsweise wieder gegeben.