Ein Plädoyer für mehr "Neutralität"

06.07.2016 - , BM

Ein Plädoyer für mehr Können wir mit Worten die Welt verändern, sie verbessern, sie verschlechtern? Ja, wir können! Darum ist es sinnvoll die uns verbleibende Zeit optimal zu nutzen indem wir nichtwertende, beschreibende Worte wählen und uns mit einer Wertung so lang wie möglich zurück halten.

Ohne ein Fühlen der Wirklichkeit gibt es keine zielgerichtete Anpassung eines Lebenden an diese. Nur ein Fühlen, ein Interpretieren und ein passendes, zielgerichtetes Reagieren führen zu einem Wiederherstellen einer örtlichen, lebensdienlichen Integrität, so dass Leben zum Ort passt.

Ein Wort ist ein Ausdruck eines Gefühls welches bereits eine Handlungsintension enthält – handeln durch nichts tun, warten oder handeln. Mit einer Handlung wird ein Ort verändert. Darum ist eine hecktische Betriebsamkeit an einem Ort ein sicheres Zeichen dafür, dass es eine Diskrepanz zwischen einer vermeintlichen oder einer tatsächlichen, lebensdienlichen, örtlichen Integrität  gibt: Es scheint eine Diskrepanz zwischen einem Soll-Ist-Vergleich vorhanden, von welcher man meint, dass sie ausgeglichen werden müsste.

Ob das auch so ist, kann nur durch Abwarten und Bewerten, durch eine Gefühlsveränderung ermittelt werden. Je weniger sich ein wiederholtes Fühlen, eine Wahrnehmung, durch längeres Warten verändert, desto wahrscheinlicher ist eine Bewertung einer Wahrnehmung zutreffend. Gehandelt wird grundsätzlich nur bei einem Handlungsnotstand – einem tatsächlichen oder einem vermeintlichen. Gehandelt wird dann, wenn man meint nicht mehr warten zu können. Betriebsamkeit ist darum ein sicheres Zeichen eines Handlungsnotstandes[1].

Wir können ein Gefühl beobachten und ein daraus abgeleitetes Wort bezüglich seiner Eigenschaften prüfen, warten und wir können ein neues, ein eventuell passenderes Wort finden. Ist ein Wort neutral, so ist es natürlich, denn Natur ist neutral, sie hat keine Intension. Mit einem solchen Nachdenken und neu formulieren haben wir einen Einfluss auf die Zukunft, denn ein anderes Wort, eine andere Erkenntnis, hat ein anderes Handeln und eine andere Zukunft zur Folge. Zukunft beginnt in der Gegenwart, wir haben darum mit einem Wort einen Einfluss auf uns selbst, auf unsere Gegenwärtigkeit, auf unsere Zukunft.

Es ist nicht sinnvoll einen Sachverhalt, einen Zustand schön zu reden, sich gegen alle Erkenntnisse eine rosige Zukunft herbei zu reden, Schönfärberei zu betreiben. Es ist nicht möglich die Zukunft zu zwingen, sondern das Beste daraus zu machen. Es geht darum Schwarzmalerei, schlechte Gefühle, Hass zu vermeiden, denn Hass ist ein schlechter Samen, er ist Ausdruck eines Irrtums, eines negativen Gefühls. Hass bringt durch schlechte Gefühle schlechte Worte hervor und macht zunächst vor allem dem Hasser eine schlechte Gegenwart. Hass ist Ursache für schädliches, nicht sinnvolles, widernatürliches Handeln. Aus Hass kann nichts Gutes entstehen. Eine verkommende Kultur ist eine Folge von Gier und Hass und spiegelt sich in einer verkommenen Sprache.

Hass ist eine mögliche Folge eines menschlichen Irrtums der durch ein Vorausdenken auftreten kann. Der Mensch hat die Möglichkeit in die Zukunft zu spekulieren, promethisch zu denken. Hass beruht auf einem Spekulationsirrtum bei dem eine negative Spekulation als sicher behandelt wird. Weil Wirklichkeit immer komplexer, anders ist und Zukunft immer anders kommt als man dachte, so beruht ein solcher Fehler auf einer Hybris. Es ist die Hybris Zukunftsvarianten auszuwählen und diese zu absolutieren. So schränkt Hass, Angst, negative Motivation eine Variantenvielfalt ein, unterdrückt vorhandene Intelligenz, vermindert eine Wahrnehmungsfähigkeit. Eine solche Einschränkung erzeugt unpassende Handlungen und macht so die Gegenwart und die Zukunft schlecht – vor allem die eigene. Die Möglichkeit des Menschen promethisch zu denken, kann ihm die Gegenwart durch Hass und schlechte Gefühle versauern und die Zukunft verbauen, sie kann ihn krank machen oder sie kann ihm helfen sein Leben zu leben, sie kann heilsam sein.

Hass, negative Gefühle sind überwindbar indem man nachdenkt, Alternativen entwickelt und neue, neutrale Worte sucht, beobachtet und nach Notwendigkeit handelt. Umgekehrt vermindert auch ein Positivismus, ein zwanghafter Optimismus, eine Vielfalt. Positivismus ist einschränkend, blendet Gefahren aus, führt zu einer Selbstüberschätzung und ist darum ebenfalls suboptimal.

Die Totalität des Seins ist vollständig, ist harmonisch. Das Universum, die Welt, die Natur ist schön, denn sie hat uns hervorgebracht und sie ist unsere Grundlage. Wir sind Natur und wenn wir natürlich sind, so sind wir schön. Wir sind Teil, nicht das Ganze und das Ganze ist nicht ohne seine Teile.

Seit Bewusstheit im Universum vorhanden ist, ist das Universum nicht mehr dasselbe wie vorher, denn es betrachtet sich selbst. Ein betrachteter, wahrgenommener Gegenstand ist ein anderer als ein unbetrachteter, er verändert sich durch eine Betrachtung. Ein Wahrgenommenes unterscheidet sich von einem Nichtwahrgenommenen.

Wir können diese Schönheit der Natur sehen, wahr nehmen, die vollständige Harmonie der Totalität des Seins erkennen, denn wir sind ihr Bewusstsein. Gier und Hass führen zu Nichtneutralem, zu Missständen, die uns diese Schönheit vorenthält. Unser Leben wird dadurch schlechter, ärmer, trauriger, wir verlieren dadurch Freude, Lebensmöglichkeit, Leben.

Das Sein bestimmt das Bewusstsein. Bewusstsein hat Einfluss auf unser Fühlen und Handeln und so auf unser Sein. Wenn wir wach sind, so sind wir anders, haben ein anderes Sein. Es kommt darum vor allem für uns selbst darauf an möglichst offen, unvoreingenommen wahr zu nehmen, wach zu sein, um die Dinge, die Mitwelt nicht schlecht zu reden und sie dadurch schlecht zu machen. Es kommt darauf an zu warten, seine Gedanken zu prüfen, eine beobachtende Position anzustreben bevor man wertet und handelt.

Sprache, eine Verknüpfung von Worten, eine Folge eines Denkens und eine Grundlage eines sinnvollen, kulturellen Handelns, ist eine Voraussetzung und ein Spiegel einer Kultur. Kultur fängt beim Einzelnen an. Um zu überleben müssen wir langfristig kulturell sein. Es ist darum von existenzieller Wichtigkeit, dass wir unsere Worte mit Bedacht, natürlich, das heißt wertneutral, beschreibend wählen, denn ein Wort verändert den Ort, es verändert die Welt, es verändert alles.



[1] Man beobachte ein wildes Tier welches vielleicht einer Gefahr gewahr wurde, sich dessen aber nicht sicher ist. Solange kein Handlungsnotstand vorhanden scheint wird es erstarren, verhoffen und es wird höchst wach.

 

(c) Waldgras | Technik: Alphadat EDV-Service GmbH | Verwaltung | Impressum