Waidgerechtigkeit und Rassenwahn

17.09.2012 - , BM

Waidgerechtigkeit und Rassenwahn„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Immanuel Kant hat dieses ethische Prüfverfahren für Handlungen im 18. Jahrhundert formuliert. Es ist universeller Natur und kann selbstverständlich auch auf die Handlungen der Jagd angewandt werden.

Der Jäger geht zur Jagd um Beute zu machen. Warum er diese Beute machen will oder muss ist eine andere Frage, die vor der Jagd beantwortet sein will.

Die Überprüfung des eigenen Handelns ist so alt, wie die Reflexionsfähigkeit  des Menschen selbst. Diese Fähigkeit der Selbstwahrnehmung ist die wesentliche Voraussetzung für eine Entwicklung der Jagd und die Jagd damit eine soziale, biotische Entwicklung der Kultur. Waidgerechtigkeit ist die logische Folge einer Reflexion der Jagdausübung und in der Folge eine Begründung für das eigene sinnvolle, richtige Handeln im universellen Zusammenhang. Spiritualität, Tradition und Gesetz sind untrennbar miteinander verwoben und bilden das Netz der Waidgerechtigkeit. Waidgerechtigkeit ist keine Floskel, sondern das Selbstverständnis eines wachen intelligenten, reflektierenden Individuums, dass sich über die Waidgerechtigkeit in der Gemeinschaft der lebenden Natur definiert.

 

Will man mehr über die Waidgerechtigkeit erfahren, so ist es sicherlich hilfreich, sich bei den Völkern umzusehen, die sich von der Natur ernähren, mit und in ihr leben. Leider gibt es bei diesen Völkern nichts Niedergeschriebenes und die Überlieferungen sind dünn, verloren oder bei unserer Zivilisation nicht mehr angekommen, weil wir diese Naturvölker nahezu vollständig ausgerottet haben.

Bei diesen ursprünglichen Menschen war es nichts besonderes, wenn man ein Teil dieser Welt ist und die Tiere und Pflanzen um einen herum eine besondere Wertschätzung erfahren, denn sie nähren und man ist mit ihnen und durch sie. Sie werden daher mit Achtung und Ehrfurcht behandelt, damit man auch selbst so behandelt wird, wenn man selbst in die ewigen Jagdgründe eingeht. Es ist dort unmittelbar einleuchtend, dass man aus dieser Gemeinschaft nicht ausscheren kann, nicht ausscheren darf, wenn man nicht verloren sein will.

Der waidgerechte Jäger von heute macht nichts anderes als alle Jäger der Menschheit vor ihm auch. Er nutzt die Natur und übt damit die älteste Arbeit, die älteste Tradition der Menschheit weiter aus. Auch er handelt nicht nach Gutdünken, sondern nach Gesetzen – nach geschriebenen und ungeschriebenen – er nennt diese Jagdethik die Waidgerechtigkeit. Recht und Gesetz kann man heute nachlesen, wichtiger und schwieriger zu beachten sind aber die ungeschriebenen Regeln, die Sitten und Gebräuche, die Ethik. Problematisch sind vom Menschen gemachte Gesetze und eine vom Menschen implementierte Ethik, denn wenn die niedergeschriebenen Gesetze und die Ethik nicht in den universellen, allgemeingültigen, göttlichen Zusammenhang passen, wenn sie willkürlich und widernatürlich sind, so verfehlen sie die Waidgerechtigkeit ebenso, wie diejenigen Gesetze, die keine Beachtung erfahren. Ein Gesetz ist nur so gut, wie der Rahmen zu dem es passen muss und die Konsequenz mit der es umgesetzt wird.

Man kann daher den kategorischen Imperativ Immanuel Kants auch umdrehen: „Handle nach den allgemeingültigen Gesetzen!“

Dazu muss man diese universell gültigen Gesetze erkennen. Die Tiere handeln instinktiv nach diesen Gesetzen, weil sie daran selektioniert wurden, wer nicht danach handelte, der ist nicht mehr. Die Urvölker waren sich diesen Gesetzen längst bewusst, denn die Jagd lehrte sie.

Man sollte die Universellen Gesetze auch als moderner Mensch nicht missachten, wenn man nicht als verlorener, als unnützer Mensch enden will, denn sie haben ihre Gültigkeit bis heute nicht verloren. Menschliche Gesetze reichen nicht aus, denn sie sind der Ethik nachgestellt, gehen aus ihr hervor und es ist Ethik notwendig, damit sie auch ohne permanente Repression eingehalten werden. Jagd ohne ungeschriebene Gesetze, ohne Ethik, ohne Tradition ist nicht möglich, denn rein gesetzliches Handeln kommt dann nicht mehr aus der Jagdpraxis, sondern aus einer Gesellschaft, die in weiten Teilen keinen Bezug mehr zur Jagd hat. Ohne die Tradition, ohne die Weitergabe der jagdlichen Werte von einer Generation zur nächsten, ohne Ehrfurcht vor dem Leben, stirbt die originäre Jagd, denn es stirbt der Jäger.

Die Waidgerechtigkeit beinhaltet daher auch heute noch, dass sich der Jäger als Teil der Natur verstehen, sich in diesen Rahmen einordnen und sich gegenüber den Mitgeschöpfen verantwortungsvoll verhalten soll. Das Töten des Wildes hat damit auch heute nur aus vernünftigem Grund zu erfolgen, wie zum Beispiel zum Nahrungserwerb, zur Regulierung der Wilddichte, zur Vermeidung von Krankheiten und Seuchen. Waidgerechtes Handeln ist daher auch stets situationsangepasst[1] und erfordert vom Jäger ein hohes Maß an reflektiertem Handeln. Tötet ein Jäger aus Spaß, so handelt er nicht waidgerecht. Nicht waidgerechtes Handeln ist einer der schwerwiegendsten Vorwürfe, die man einem Jäger anlasten kann,  und die Erkenntnis darüber gleichsam eine der höchsten Strafen.

 

Ob nun ein jagdliches Verhalten innerhalb der geltenden Gesetze auch waidgerecht ist hängt vom Einzelfall ab. Hier kann Kants Prüfnorm weiterhelfen – hier zwei Grenzbeispiele:

 

Einem Jäger der um sein Überleben jagt, ist jedes Mittel zum Erfolg recht. Er jagt immer waidgerecht, denn er jagt aus vernünftigem Grund. Er muss seine unmittelbaren Primärbedürfnisse befriedigen, sonst würde er sterben. Dieses Beispiel stellt eine Grenzsituation dar, die es so vermutlich in der ersten Welt kaum mehr gibt. Er hätte aus Sicht der Jagdethik keinerlei Beschränkungen, denn jedes Tier das ihn vor dem eigenen Hungertod bewahrt, ist ein Segen für ihn und er würde dieses Verhalten jedem anderen auch zubilligen, möglicherweise sogar seinem eigenen Jäger, so er ihn auch als solchen wahr nimmt. Es ist auch nicht verwunderlich, dass man in der sehr frühen Jagdliteratur nichts oder wenig über die ungeschriebenen Gesetze findet: Man jagte um das Überleben, hatte man was man brauchte, so war man zufrieden – das war das Gesetz. Die Waidgerechtigkeit und die Moral haben sich jedoch mit der Aufklärung, der folgenden Industrialisierung und deren durchgreifenden Auswirkungen gewandelt. Die Jagd ums Überleben wurde dem Menschen entbehrlich. Die Veränderung der Notwendigkeiten hat die Moral verändert – nicht umgekehrt.

 

Wer heute aus Langeweile jagt, tötet, nur um seine Knochensammlung zu erweitern, ist am anderen Ende der Skala. Es ist mit Kants kategorischem Imperativ einfach zu sagen, dass er diese Willkür keinem anderen in Bezug auf ihn selbst zugestehen würde. Es wäre die totale Anarchie und er müsste sich stets fürchten, selbst getötet zu werden. Wer nur nach den Trophäen jagt, hat keine Waidgerechtigkeit – ein nutzloser Schädling, schon tot bevor er gestorben ist.

Weil manche Jäger aber weder Wolf noch Bär noch Tod und Teufel fürchten, so fürchten sich manche auch nicht mehr vor dem Verlust der Waidgerechtigkeit. Mit der Waidgerechtigkeit verliert der Jäger sich selbst, er verliert den Bezug zur Natur, zu seiner Mitwelt, denn er zerstört was ihn trägt.

 

Das gesamte Spektrum der menschlichen Gefühle und des menschlichen Handelns kommt bei der Jagd vor, all das wird oft übersehen und die Jagd wird bisweilen unreflektiert nur auf das Töten reduziert, dabei ist dies nur ein winziger Augenblick im Leben des Jägers wie des Wildes.

Das Töten ist nur ein Punkt, eine klare Entscheidung, ein Ende eines Abschnittes, auf den für den Jäger noch einmal viel Arbeit folgt, bevor der Braten in der Pfanne schmort. Das Töten der Beute ist das Ziel der Jagd, denn es entscheidet darüber ob es etwas zu essen gibt oder nicht. Es ist aber auch das Einbeziehen aller möglichen menschlichen Handlungsmöglichkeiten in sein direktes Tun. Ohne die volle Bandbreite der menschlichen Handlungsmöglichkeiten ist das Leben ärmer. Der Mensch kann bewusst handeln, er kann bewusst töten – tötet er nicht mehr, ist er um diese Handlungsmöglichkeit ärmer. Unabhängig ob er darüber nachdenkt oder nicht, stirbt er schließlich wenn er sich weigert zu töten[2].

 

Wenn der Tod nicht ein langes Leiden ist, sondern ein Punkt, dann ist er eine Zustandsänderung - für den einen, wie den anderen.

Das Töten macht nach meinen Erfahrungen keinen Spaß, ist keine Befriedigung - im Gegenteil. Das Töten ist ambivalent, es ist Trauer über den Verlust des Mitgeschöpfes und Freude am Gewinn der Beute - so verstehe ich waidgerechte Jagd.

Das sinnlose, unreflektierte, unnütze Töten, wie es überall, zu jeder Stunde, an jedem Ort der Welt von vielen Menschen gegenüber jedwedem Leben begangen wird, ist ein schweres Übel, eine große Respektlosigkeit des Menschen vor der Schöpfung und eine Geringschätzung seiner Mitgeschöpfe; eine Respektlosigkeit gegenüber allem Lebenden und allem Toten. Die totale Respektlosigkeit ist eine völlige Abkehr und damit Ausgrenzung aus der Natur oder um das Wort Natur zu vermeiden, eine Ausgrenzung aus der Welt, aus dem Universum. Der moderne Mensch redet von Umwelt und grenzt sich dadurch aus.

 

Wer so tötet, geht nicht zur Jagd, denn es ist die positive Motivation, die den waidgerechten Jäger jagen lässt. Wer die Freude eines sinnvollen Handelns nicht empfinden kann, wer sein eigenes Handeln verabscheut, wen sein eigenes Handeln langweilt, wer der völligen Respektlosigkeit anheim gefallen ist, der geht heute in der modernen Welt nicht mehr zur originären Jagd – er sucht Zerstreuung bei Ersatzhandlungen er geht aus Langeweile einkaufen.

 

Empfindet sich der Jäger als Außenseiter der Lebensgemeinschaft auf der Erde, als Fremdkörper, als Ausgestoßener, als Verlorener, als Verlassener, so kann er nicht zufrieden sein, denn der Mensch ist darauf programmiert sich in eine Gemeinschaft einzufügen, er ist ein soziales Wesen. Dies gilt im engeren Sinne in Bezug auf seine Mitmenschen, aber auch in Bezug auf seine Mitgeschöpfe und weiter in Bezug auf seine Heimat, die Erde und das Universum aus dem er hervorgegangen ist.

Man könnte entgegnen, dass es dem jeweiligen Menschen bei entsprechender Haltung egal sein könne ob er nun waidgerecht jagt oder nicht. Wenn alles mit allem verbunden ist und jeder, jedes Leben, auch Teil des Ganzen ist, so kann man für sich selbst nichts gewinnen, wenn man dem Ganzen, dessen Teil man ist, schadet. Wer einem Teil schadet, das zum Ganzen gehört, der schadet sich selbst, denn er ist ein Teil des Ganzen.

 

Niemand kann sich von seinen Vorfahren, seinen Mitgeschöpfen, von der Welt abkoppeln - er muss sich also als Teil des Ganzen ins Ganze einordnen oder untergehen. Der Geist, die Seele, wohnt in seinem Leib und nicht umgekehrt.

Bescherte der Verstand eines Individuums dessen Ethik, so wäre der Leib untergeordnet und müsste die Verfehlungen der Ethik, die fehlerhaften Überlegungen des Verstandes, ausbügeln.

Stimmt hingegen die Antithese, dass es im Kern der Leib ist, der dem Individuum die Ethik beschert, ergibt sich wiederum, dass eine unangemessene Ethik ein lausiges Leben nach sich zieht, weil die Primärbedürfnisse des Leibes nicht ordnungsgemäß bedient werden.

 

So oder so: Wenn es stimmt, dass unsere Handlungen Auswirkungen haben, dann fallen diese zwangsläufig auf uns zurück. Es braucht keine Wiedergeburt, kein Fegefeuer und kein oberstes Gericht – jeder, als Handelnder im Ganzen und gleichzeitig als Teil des Ganzen, straft sich mit falschem, unangemessenem Handeln selbst, denn seine Handlung wird an den universellen Gesetzen geprüft und gemessen.

 

Das fängt nicht zuletzt damit an, dass sich der Mensch nicht über sein eigenes, als schlecht empfundenes Handeln freuen kann - sei es aufgrund seiner missachten Seele oder sei es aufgrund seiner missachteten Struktur. Er muss sich einordnen, seinen Platz finden und sich dort entsprechend seiner Überzeugung verhalten. Er muss authentisch sein, sein Denken, Fühlen und Handeln müssen übereinstimmen. Sein Handeln muss die logische Konsequenz auf seine Vorüberlegungen sein und muss sich auf seinen Überzeugungen und sein Fühlen gründen.

Um bei der Jagd zu bleiben, kann also nur ein waidgerechter Jäger Zufriedenheit erfahren, denn eine nicht waidgerechte Jagd verschafft keine Freude, keine Befriedigung durch authentisches Handeln. Die Absicht und das Ergebnis fallen nicht zusammen, auch wenn die Absicht nur der Lustgewinn gewesen sein sollte. Die nicht waidgerechte Jagd verschafft vielleicht zunächst noch rauschartige Zustände – jedoch mit anschließendem Kater. Mit fortschreitendem Fehlverhalten verschwinden bald die rauschartigen Zustände und es bleibt nur der Kater übrig – Kopfschmerzen über das eigene Versagen, über die eigene miserable Lage, über die Außenseiterrolle, über den jagenden Untoten, über einen neoprimitiven, seelischen Krüppel, der sich seine Lebenszeit mit Töten versauert, mit dem sinnlosen Versuch der Langeweile seines Lebens zu entrinnen.

 

Es ist sinnlos sich über Moral zu unterhalten, weil dabei immer gewertet wird. Und wo gewertet wird fallen die Ergebnisse so unterschiedlich aus, wie die Bewertungsmaßstäbe.

Deswegen soll der Bewertungsmaßstab auf eine sehr ursprüngliche Ebene zurück geführt werden, auf den Kern allen Handelns. Ein Bewertungsmaßstab, der bei jedem halbwegs gesunden Menschen den gleichen Ursprung hat:  Der Urtrieb zu leben. Entweder entscheidet man sich für das Leben oder den Tod. Wer sich für das Leben entschieden hat, der muss sein Schicksal annehmen, am besten er liebt es  - oder noch besser: er denkt darüber gar nicht nach. Reflektiert oder nicht - wer sich zu diesem Egoismus des Lebenwollens bekennt, hat keine Wahl mehr. Er muss sich im Hinblick auf sein Ziel effizient verhalten. Er muss sich im Rahmen der elementaren Gesetze richtig verhalten sonst bestraft er sich selbst. Es ist keine Frage der Ethik mehr, sondern die Ethik ist nur noch der Weg, dieses Ziel möglichst ökonomisch zu erreichen.

 

Der Mensch braucht die Erde - nicht umgekehrt. Also ist es sinnvoll sich so zu verhalten, dass er die Erde, seine eigene Lebensgrundlage, nicht schädigt. Freilich kommt auch der Zeitaspekt hinzu. Verhält sich der Mensch natürlich, so pflanzt er sich fort - der Fortpflanzungswille ist ihm immanent, die Sorge um den Nachwuchs ist ihm immanent[3]. Er kann nicht wollen, dass seine Nachkommen sterben, also kann er nicht wollen, dass er alles im Unverstand verbraucht und seine Nachkommen keine Lebensgrundlage mehr vorfinden. Dem Jäger mit kleiner Zeitpräferenz, dem waidgerechten Jäger, ist es wichtig, dass er so jagt, dass für spätere Zeiten genügend übrig bleibt, er will nicht schädigen, er will selbst leben und das Leben seiner Nachkommen sichern. Dies gilt für ein intelligentes, soziales und konsequentes Wesen darüber hinaus auch für seine Spezies – damit muss er automatisch auch um das Leben seiner Mitgeschöpfe besorgt sein.

Dem Jäger mit hoher Zeitpräferenz ist alles egal, er jagt und weiß nicht mehr warum, denn alle Bedürfnisse hinsichtlich Grundversorgung sind schon erfüllt. Er jagt mit Hedonismus, aus Trieb, aus Langeweile, um die Zeit tot zu schlagen, er jagt nach der größten Zahl. Er jagt dem Glück nach, das er nicht einholen kann, weil er es schon lange überholt hat. Er jagt und verhält sich nicht mehr zielgerichtet, er hat das originäre Ziel aus den Augen verloren.

 

Einem homo ökonomikus ist die Waidgerechtigkeit oder aber natürlich auch der kategorische Imperativ leicht erklärt: Verhalte dich so, als würden die Auswirkungen deines Handelns alle internalisiert.[4]

 

Waidgerechtigkeit ist nicht nur ein Teilaspekt des menschlichen Handelns eines Jägers. Es ist nicht nur ein Teil seiner Ethik, es ist seine Ethik. Denn wenn man sich gemäß der Waidgerechtigkeit in den natürlichen Rahmen einordnet, wenn man Teil des Ganzen ist, wenn es unter dem Leben keine Nützlinge und Schädlinge gibt, wenn man als Jäger den Tieren keinen unterschiedlichen Stellenwert in der Schöpfung beimisst, wenn man als Jäger mit einem biologischen Denken auf die Jagd geht, dann gilt dieses Denken nicht nur für die unterschiedlichen Arten. Die Unterschiede bei den Menschen, bei den menschlichen Rassen, sind viel kleiner als bei den Arten. Wenn man also der Meinung ist, dass die Welt, das Leben, die Arten, die Rassen, zwar vielfältig und verschieden sind, man diese Unterschiede aber nicht wertet, sondern sie als göttliche Vielfalt dankend erkennt, dann kann man den Bock nicht pardonieren, dem lebenden Fuchs einen biologischen Wert beimessen, und gleichzeitig seinen andersartigen Mitmenschen, seinen Bruder, abwerten und in deswegen diskriminieren, weil er einer anderen Rasse, einem anderen Volk angehört. Die Toleranz, nein die Liebe der Vielfalt, ist eine Unterfunktion der Waidgerechtigkeit. Ein Jäger der also der Rassendiskriminierung anhängt, kann nicht waidgerecht sein, denn er kann nicht behaupten, er liebe das Wild um seiner selbst willen, er behandle auch den Fuchs, das Raubwild gerecht, aber verachtet und hasst seinen eigenen Bruder. Hass ist eine Krankheit, eine Verblendung, eine Einschränkung der eigenen Intelligenz und eine Verblendung der Seele. Wer hasst, der jagt nicht waidgerecht, der jagt schlecht. Wer mit Hass kämpft, der kämpft schlecht. Wer hasst, der hasst sich selbst, weil er sich aus der Schöpfung heraus nimmt, weil er sich außerhalb von allem sieht, er manövriert sich selber ins Abseits.

 

In der Art zu Jagen spiegelt sich daher die Gesamtethik des Jägers wider. Es ist die selbe Systematik im Kleinen wie seine Ethik im Ganzen. Es ist sein Charakter, der sich in der Art zu Jagen widerspiegelt.

 

Es gibt sicherlich Menschen, die weder an sich, noch an ihre Nachkommen, noch an den Mitmenschen oder an das Mitgeschöpf denken. Sie verhalten sich einerseits wie ein Tier, dem aber andererseits mit dem Instinktverlust, dem implementierten Regelwerk, die Bremse ausgebaut wurde. Dem Tier Mensch ist mit dem Verlust vieler Instinkte vieles verloren gegangen und man kann ohne moralische Maßstäbe anzusetzen sagen, dass er damit in Bezug auf die Urentscheidung zu leben auch einen großen Verlust erlitten hat. Um mit dem Tier auf Augenhöhe zu sein, um sein Überleben auf dieser Erde langfristig zu sichern, ist es unabdingbar nötig, dass der Verlust an Instinkt mindestens mit dem Verstand kompensiert wird. Der langfristige Vorteil entstünde erst dann, wenn der Verlust an Instinkt durch den Verstand, durch eine wache Intelligenz, überkompensiert würde.

 

Es scheint mir nicht vermessen anzunehmen, dass nicht alle Menschen ihren Verlust an Instinkt ausgleichen können - schlechte Jäger, denn sie berauben sich ihrer eigenen Jagdgründe.

 

Man kann zur natürlichen, eigentlichen Jagd gehen oder auch nicht, beides ist gleich gültig – wer aber jagt, der muss waidgerecht jagen, wenn er nicht traurig werden will, denn die kosmischen Regeln, die göttlichen Gesetze, können nicht außer Kraft gesetzt werden und man kann nicht dauerhaft gegen sie verstoßen. Wer alle Bedürfnisse befriedigt hat, wer alles hat was er braucht, wer mächtiger ist als er es für nötig hält und sich dennoch an die kosmischen Regeln hält, so hat das mit wacher Intelligenz und einer vornehmen Haltung zu tun. 

Es geht also um mehr als nur um die Jagd, die Jagd lehrt uns nur worum es geht.

Wer sich grundsätzlich angemessen verhalten will, der muss das nicht nur auf der Jagd tun - waidgerechte Jagd fällt ihm leicht. Wer sich nur auf der Jagd waidgerecht verhalten will, der weiß nicht so recht warum er das tun sollte - es fällt ihm schwer und es wird ihm auch bei der Jagd nicht gelingen.



[1] Waidgerechtigkeit ist im Wesentlichen vom Ort, von der Zeit, von der Person und von der Beute abhängig. Bei sovielen Variablen könnte man meinen sie sei also beliebig von jedem auslegbar. Gerade das ist aber nicht der Fall. Sie kann individuell sehr klar definiert werden – vorausgesetzt man ist ehrlich zu sich selbst. Gleichwohl ist sie extern sehr schwer überprüfbar – was aber jeder ohnehin für sich selbst tun muss. Wer sich dabei nun selbst anlügt schadet in erster Linie sich selbst.

[2] Töten ist das unmittelbare oder mittelbare Beenden von Leben, also von Pflanzen, von Tieren. Man wird durch mittelbares Töten nicht besser, nicht sauberer – man kann nicht die Vorteile ohne die Nachteile haben. Wer die Vorteile für sich in Anspruch nimmt und die sich daraus ergebenden Nachteile anderen anlastet ist im Hinblick auf diese Argumentationen mindestens unglaubwürdig und unehrlich. Worin besteht der Unterschied zwischen dem Töten einer Laus, einer Fliege, einer Maus, einer Ratte, eines Hasen, eines Schweines, eines Rindes, eines Waals? Ist es die Menge an Fleisch und Blut? Und worin besteht der Unterschied zwischen dem Selbsttöten und dem Tötenlassen – es sind nur die andersfarbigen Hände.

[3] Die Fortpflanzungsverweigerung in vielen modernen Industriegesellschaften, ist eine Krankheit, die sich selbst ausrottet.

[4] Genau genommen ist der Konjunktiv hier fehl am Platz, denn die Auswirkungen werden alle internalisiert – nur werden die Kosten individuell unterschiedlich bewertet. Und was außerdem hinzukommt: Die Bewertung ist nur eine grobe individuelle Barwertschätzung – die effektiven Kosten werden erst am Fälligkeitstermin bekannt, den man in der Regel ebenfalls nicht kennt. Ein wacher Mensch sollte schon allein aus diesem Grund ökonomische Vorsicht walten lassen und damit rechnen, dass gegenwärtiges, unangemessenes Handeln,  in der Zukunft auch einen erheblichen negativen Deckungsbeitrag einfahren könnte.

 

 

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