Naturnahes Wirtschaften

08.12.2018 - , BM

Naturnahes WirtschaftenLandschaften sind dann nachhaltig kulturell, wenn sie Lebensvielfalt erhalten. Dazu ist es erforderlich sich nicht nur in der Landschaft sondern insgesamt kulturell, i.e. lebensdienlich zu verhalten, naturnah zu wirtschaften, auf Maximalnutzung zu verzichten, denn Maximalnutzung ist nicht nachhaltig.

Natur nutzt nicht, sondern ist selbständiger, totaler Anordnungsvorgang. Selbständig heißt, keiner äußeren Vorgabe folgend, ohne Wertung. Total heißt, mit allem was ist und darum wirkt. Natur ist also nicht aktiv durch Menschen herstellbar, denn Menschen sind Teil der Natur. Maximierung ist gewertete, widernatürliche Nutzung. Ausgewählt Natürliches ist für diejenigen, die durch Natur wurden am zuträglichsten, also aus objektiver Nutzersicht optimal. Subjektiv wird dies nicht selten anders bewertet. Gut wird dann beliebig definiert, das was einer für sich, losgelöst von allem anderen, momentan als gut erachtet. Die Folge ist Maximalnutzung gepaart mit Unduldsamkeit - Natur soll ihm keine Probleme machen und zu seiner beliebigen Nutzung zur Verfügung stehen.

Wer vorzufindende Zustände beklagt, der kann nicht von anderen erwarten, dass sie tun sollen wozu er nicht fähig ist oder keine Lust hat. Wer Natur will, muss ihr gegenüber unbedingt tolerant sein, ihr mit Demut und Respekt begegnen und seinen Beitrag, seinen Verzicht zu mehr Natürlichkeit leisten. Ja, Natur ist selbstregulierend. Es wird indessen nicht selten vergessen, dass wir in der aktuellen Zahl nur durch Kultur weiterhin sein können. Wir leben in Kulturlandschaften und kein Mensch kann sinnvoll auf sämtliche Technik, auf sämtliche Kunst verzichten wollen.

Unter Nachhaltigkeitsaspekten sind in Kulturen natürliche Strukturen optimal, denn es sind diejenigen Strukturen die durch Evolution geworden sind und mit allem anderen harmonieren was ist. Natürliche Strukturen, gefolgt von natürlichen Populationsdichten, erzeugen innerartlich die kleinsten sozialen Probleme bei optimaler individueller Kondition und sie haben die kleinsten negativen externen Effekte wie zum Beispiel Übernutzung, Überweidung, Verbiss. Wenn wir also die Intension haben, dass es dem Wild und den Menschen gut gehen soll, dann muss auch beim Wild in Kulturlandschaften eingegriffen werden. Wir verkleinern und verändern dem Wild fortlaufend seinen Lebensraum. Der verbleibende Lebensraum sollte nun nicht irgendwie, sondern so natürlich wie möglich, naturnah sein, mit Respekt behandelt, betreten, besucht werden – dafür sind nicht nur Jäger sondern alle verantwortlich.

Naturnahe Kultur ist nur indirekt durch Eingriffsoptimierung herstellbar: Soviel Eingriff wie nötig, so wenig wie möglich. Das fordert persönliche Zurücknahme durch Minimierung individueller Wünsche und Handlungen. Es geht also um natürliche Ethik, die nicht durch Pläne, Gebote, Verbote und Repression implementiert werden kann, sondern sich durch Erkenntnis und der sich daraus ergebenden Verantwortung natürlich bildet. Wer den Kontakt zu Natur verliert, der versteht sie nicht, wird künstlich, schadet schließlich sich selbst.

Natürlichen, wesensgerechten Strukturen folgen natürliche Populationen. Zahlen steigen oder fallen selbständig gemäß vorliegenden Bedingungen, zu denen auch Jagd gehört. Zahlen folgen Zulässigkeiten. Naturnähe ist also nicht mit Zahlenvorgaben erreichbar – weder in dem Bereich auf den man abzielt, noch in anderen Bereichen, die darauf Einfluss haben. Soll naturnahe Land-, Forst- und Jagdwirtschaft angestrebt werden, so muss sich nicht nur naturnahe Jagdwirtschaft ihrer Planwirtschaft nach Zahlen entledigen. Es kommt dabei nicht auf Streckenzahlen in Wildkammern an, sondern auf die natürliche Zusammensetzung der lebenden Wildbestände. Nicht Strichlisten sind Kardinalziel, sondern Eigenschaften von Jagd und Beute, die indirekt Einfluss auf lebende Strukturen haben. Natürlich lebende Strukturen kann man nicht herstellen, implementieren, sondern sie nur wachsen lassen. Unter dieser Prämisse kommt es darum bei der Jagd auf natürlichen Strukturerhalt an, also darauf welche Stücke wie erlegt wurden. Kardinalziel ist Qualität, denn in der Natur folgt Quantität vorhandenen örtlichen Eigenschaften, örtlichen Zulässigkeiten.

Wir haben darum nicht zu viel oder zu wenig Wild, sondern durch mehr oder weniger widernatürliches Verhalten aller Menschen, künstliche Wildstrukturen mit künstlichen, nicht wesensgerechten Verhältnissen und den dazu passenden Zahlen. Wir haben so viel oder so wenig von einer Wildart, weil wir Menschen die Eigenschaften unserer Kulturlandschaften so und nicht anders gemacht haben. Was wir um uns herum vorfinden ist mit Folge unserer Ethik, unseres Handelns, unserer Zulässigkeiten. Was wir daher beklagen, ist die Differenz zwischen dem was wir sagen und dem was wir tun, ist der Unterschied zwischen Moral und Ethik.

Wollen wir naturnahe Wildpopulationen, dann müssen diese in Kulturlandschaften bejagt werden. Die regulierende, natürliche Größe sind vor allem die Reproduktionsträger, also die weiblichen Stücke. Am effektivsten erfolgt der Eingriff bei jungen, weiblichen Stücken, die ihre Reproduktionszeit noch vor sich haben, ist bei diesen am wenigsten strukturverändernd und mit den kleinsten Nebenwirkungen verbunden.

Es entstehen dann nicht nur Zahlenverhältnisse, sondern natürliche, wesensgerechte Strukturen, wenn man grundsätzlich so viele junge Reproduktionsträger erlegt wie man findet, mit einiger Sicherheit ansprechen und störungsarm erlegen kann. Ist ihre Zahl hoch, so findet man viele. Ist ihre Zahl gering, so findet man wenige auf deren Bejagung man auch verzichten kann, wie das manche Jäger zum Beispiel bei Fasanen praktizieren. Weil man nie alle findet, so gibt es nach solchen Eingriffen grundsätzlich noch immer genügend Adulte und Subadulte die nachrücken. Die Zahl der männlichen Strecke orientiert man sinnvoll am jagdlichen Engpass, an den erlegten weiblichen, so wachsen natürliche Strukturen in sich selbständig einstellender Menge mit denjenigen die nachrücken. Rücken viele nach, so steigen die Bestände mit der Zeit, rücken wenige nach, so fallen sie. Und selbstverständlich hat Jagd bei unterschiedlichen Wildarten unterschiedlich starke Auswirkungen. Was diesbezüglich von anderen nicht beachtet, nicht getan wird, kann indessen von Jägern nicht korrigiert werden. Darum ist jeder kulturelle Mensch der Natur sucht, eingeladen seinen Beitrag zu leisten.

Die Zusammenhänge sind einfach und können von jedem einfach umgesetzt werden. Jeder kann wissen wie er sich für mehr Natürlichkeit sinnvoll verhalten muss. Auch die Umsetzung ist sehr einfach: Stringentes, verantwortungsvolles Handeln gemäß natürlicher Erkenntnis, unabhängig von dem was andere tun oder lassen, unabhängig von Widernatürlichkeit anderer.

Weil man nur einem Herrn dienen kann, so muss dieser natürlich sein wenn es naturnah zugehen soll. Jäger haben Glück, denn sie müssen heutzutage nicht mehr jagen und können sich darum ihren Herrn auswählen. Um mit H.D. Thoreau zu sprechen: Ein originärer Jäger sollte  kein kleinmütiger Kreuzritter, sondern einer sein, der sich einer Art vierten Stande, jenseits von Kirche, Obrigkeit und gemeinem Volke zugehörig fühlt, einer der zugunsten Natur spricht.

Was Menschen bei der originären Jagd nicht gelingt, das gelingt ihnen nirgends, denn wir jagen wie wir sind und wir sind wie wir jagen.

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